Diese vorliegende Reportage und die investigativen Recherchen, bringen mich an meine Grenzen. Es ist Erschrecken und Faszination zugleich, die ich emotional damit verbinde. Details und Einzelheiten kaschiere ich, um die Integrität meiner Quellen und meines journalistischen Wirkens zu gewährleisten.
Ein professioneller Plan.
„Wurde ich in einen Hinterhalt gelockt?“ Es ist knapp eine Woche her. Ich trainiere meine Routine am Muscle Beach und werde in ein Gespräch verwickelt. Prinzipiell nicht ungewöhnlich, da ich gerne in Kontakt mit der Bevölkerung trete. Nachdem ich das Trainingsprogramm beende, werde ich gebeten meinen Gesprächspartner noch an eine Garage zu fahren. Sein Fahrzeug wurde abgeschleppt, lässt er mich wissen. An der Garage angekommen, tritt eine Gruppe maskierter Herrschaften an mein Fahrzeug. „Herr Atanasiu, steigen Sie bitte aus.“ Unbewaffnet, aber bestimmt, werde ich aufgefordert. Ich folge den Anweisungen. Ich soll meine elektronischen Geräte in mein Fahrzeug legen, bevor mir Fesseln angelegt werden. Nun wird mir ein Sack über den Kopf gestülpt.
„Machen Sie sich keine Sorgen“, teilt mir der Herr mit. Mir hat es die Sprache verschlagen, denn mir geht durch den Kopf, dass die Aktion geplant wurde – spätestens seit meinem Aufenthalt auf dem Muscle Beach. Kurze Zeit später, werde ich in ein Fahrzeug gesteckt. Wir fahren einige Minuten und steigen dann in einen Helikopter um. Nach einige Minuten wird gelandet und wieder mit einem Fahrzeugweiter gefahren. Dieses Prozedere wiederholt sich so häufig, dass ich vergesse, wie häufig wir nun zwischen Fahrzeug und Helikopter gewechselt sind. Ich höre auf zu zählen.
Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, da kommen wir nun endlich an. Mir werden die Fesseln gelöst und der Sack abgezogen. Ich stehe an einem mir unbekannten Ort. Irgendwo zwischen Gestrüpp. Ich habe keine Orientierung. Vor mir stehen Herren in feinem schwarzen Gewand und roter Krawatte. Sie tragen eine Rentiermaske, die mich angrinst. Die Ortschaft wird von mehreren Männern abgesichert, die hin und her patrouillieren.
„Buona sera, mein Name ist Mario.“
Mit einem „Buona sera!“ werde ich begrüßt. Mein Gesprächspartner stellt sich als „Mario“ vor. Ich darf Protokoll führen. Die Gruppe ist unter extremen Sicherheitsvorkehrungen bereit Auskünfte zu erteilen. Ich leite das Gespräch ein und stelle einige Besonderheiten fest, die sich mir über den „Untergrund“ in meine Erinnerungen eingebrannt haben.
Als die ersten G-Network-Posts, die verschlüsselt kommuniziert werden, veröffentlicht wurden, dachte ich zunächst an eine „Spaßtruppe“, die keine zwei Tage überlebensfähig sei. Die Intelligenz, die diese Gruppe jedoch in ihrem Wirken an den Tag legt, die hervorragenden Kenntnisse über Persönlichkeiten des Staates und über das aktuelle Geschehen, sowie die dezidierten Aktionen, haben mich persönlich verblüfft. Sie stellen bisher gar höchste staatliche Ebenen in Organisation und Auftreten in den Schatten. Die Professionalität, die die Gruppe in ihren Operationen zum Ausdruck bringt, ist beeindruckend. Kein Stockholm-Syndrom, sondern eine Beobachtung.
„Wir machen auf Sicherheitslücken aufmerksam.“
Mario erklärt mir, dass die meisten Menschen „das Ganze“ nicht verstehen. Die Sicherheitsbehörden würden den „Untergrund“ in ihren Ursprüngen als Terroristen oder Aktivisten verleumden. Bei der Institution handle es sich jedoch um ein „Kollektiv“, dessen Intention es ist, die Missstände und Fehlinformationen seitens der Regierung aufzuklären. Das gelinge dem Untergrund auch sehr erfolgreich, indem sie auf Sicherheitslücken aufmerksam machen und beispielsweise die Namenslisten von Mitglieder der Delta Force oder des S.W.A.T. geleakt hatten. Staatliche Behörden dementieren den Wahrheitsgehalt eben dieser Leaks. Nichtsdestotrotz, werden Veröffentlichungen auf G-Network zensiert, wenn auch vielleicht aus datenschutzrechtlichen Gründen.
„Der Staat hat keine Informationen über uns.“
Gleichzeitig seien den staatlichen Sicherheitsbehörden keinerlei Informationen über den „Untergrund“ bekannt. Die Gruppe agiert unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen verdeckt. Angeführt werde die Gruppe von einem „Don Francesco“. Man registriert jedoch, dass es zunehmend etliche „Faker“ gibt, die sich im Glanz dieses Kosenamen zu sonnen bemühen.
„Wir schmieden Allianzen. Das Kollektiv wächst.“
Die Zugänge zu geheimen Informationen seien vielfältig. Sie reichen von freiwilligen Informanten, eingeschleustem Personal oder Diebstahl. Mein Gesprächspartner spricht stellenweise gar von „Mitarbeitern“, die im Netzwerk des Untergrunds agieren. Man wolle den Staat herausfordern – jedoch keinem einzigen Bürger Schaden zufügen oder gar in Panik versetzen.
Abgrund oder Aufstieg?
Das Gespräch klingt aus. Ich werde wieder freundlich abtransporiert, in etwa mit der selben Tortur, wie ich hergebracht wurde. Handelt es sich bei der Institution „Der Untergrund“ um einen Abgrund oder um einen Aufstieg? Diese Bewertung mag jeder für sich treffen. Festhalten lassen sich jedoch die Vielzahl an Überraschungen und Attribute, die „Der Untergrund“ präsentiert.
Die nächsten Namen…
Zum Abschluss des Gesprächs möchte man mir noch eine Information auf den Weg geben. Für meine Arbeiten werden mir vier Namen mitgeteilt aus dem LSPD und die Information: „Wenn das stimmt… Diese teilen eine Gemeinsamkeit.“
Aus Gründen des Datenschutzes kann ich in diesem Bericht leider nur die Initialien kommunizieren der LSPD-Beamte. Sie wurden vereinzelt angesprochen: D. P.; H. H.; R. R., L. L;.
Der Staat schweigt.
Leider. In den vergangenen Wochen oder Tagen gab es keine öffentlichen Erklärungen, die abgegeben wurden, um die Ereignisse zu erklären. Justizminister Boris Slowkosvski im Fadenkreuz der Sniper, das Attentat bei der Bürgermeister-Debatte oder die Detonation mehrer Sprengsätze. Schade, meine ich. Doch bestimmt wird sich das bald ändern.